Gewerbegebiet Laufenmühle "next innovation"

Ort  Lörrach, bei Basel

Thema  Gewerbegebiet in Holzbauweise

Fachrichtung  Architektur, Stadtplanung, Landschaftsarchitektur

Verfahren  nicht offener Wettbewerb

Zeitraum  10|23 – 02|24

Auslober:in  FRAGEZEICHEN

shortstory // offen, durchgrünt, produktiv

Ein Gewerbegebiet – meist ein grauer dicker Klotz in der Landschaft. Funktioniert in sich, wie eine Maschinerie eingebettet in umlaufende Versiegelung. Isolation, Hitze, Verkehr. Die Spaziergängerin des Nachbarortes verirrt sich nur selten hinein. Das Produktionsteam legt die 100m zum nächsten Betrieb mit dem Auto zurück. Die Produkte sind nur im Internet sichtbar.

Anders in Lörrach! Hier geht’s um Sichtbarkeit, Innovation und Austausch – auch von außerhalb. Ein grüner Vermittler, zwischen der Nachbarschaft und dem neuen Quartier. Hindurch eine Meile für Besuch, Austausch und schnelle Wege. Die Produktion innovativ und trotzdem funktional. Sichtbare Holzbauweise trifft auf charmanten Bestand. Spannende Räume bilden sich – belebte Meile, produktiver Hof, erlebbare und diverse Freiflächen, selbst die Trucker können im Gebiet rasten. Das Quartier ist kein grauer dicker Klotz. Es reagiert städtebaulich sowohl auf die Anforderung von Produktionen mit lauter Geste zu Schienen und Straße als auch auf die sensible Nachbarschaft mit Höhenstaffelung und Kleinteiligkeit.  Als Treffpunkt gibt’s die urbane Mitte. Handwerk, Forschung und Produktion vereint – in Lauffenmühle.

NUTZUNGEN
Das Quartier wird stark aus dem Bestand entwickelt und dementsprechend verteilen sich auch die Nutzungen über das Areal. Im Nord-Westen am Quartierseingang säumen innovative Handwerksunternehmen die Werksmeile. Ergänzt werden diese durch das Welcome Center und einen Showroom. Am zentralen Quartiersplatz befindet sich die Kantine, ein Eventspace und der Mobilitätshub mit seinen öffentlichen Nutzungen. Die Bestandshalle im Süden bildet mit einigen Neubauten einen Gewerbecluster aus und blockt die Schallemissionen zur südlichen Nachbarschaft ab. Der zweite große Gewerbecluster liegt im Norden an der Bahnstrecke und riegelt den Schall ab. Die Gruppierungen von mehreren Gebäuden um einen gemeinschaftlichen Rangier-Hof sorgt dafür, dass der Verkehrslärm auf diese Wiese im Inneren der Gewerbecluster bleibt und schützt so die Werksmeile und Nachbarschaften. Wohn-, Büro- und Forschungsgebäude im Osten schaffen den kleinteiligen Übergang zur Nachbarschaft.

BAUWEISE
Die Konstruktion der Gebäude steht unter dem Leitthema „Einfach Bauen“. Die Baukörper werden auf einfache Volumen reduziert, um eine effiziente Gebäudehülle mit einem optimalen Verhältnis von Hüllfläche zu Volumen zu gewährleisten. Die neuen Gebäudekörper werden in Holzskelettbau ausgeführt. Die nichttragenden Holzfassaden können durch geringer Brandschutzanforderungen auch mit biogenen Dämmungen realisiert werden. Sie werden außerdem in modularer Holzbauweise mit hohem Vorfertigungsgrad hergestellt, wodurch die Qualität, Bauzeit und der Einsatz von grauer Energie enorm optimiert, werden können. Außerdem lässt eine Vorfertigung in Holzbauweise die Möglichkeit zu, grundsätzlich mit geschraubten Verbindungen zu arbeiten, sodass ein Rückbau und Austausch einzelner Bauteile gewährleistet wird und Baustoffe einfach in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden können. Durch die Rückbaubarkeit der Konstruktion kann das Gebäude zukünftigen Generationen weiterhin als Rohstoffressource zur Verfügung gestellt und der Ressourcenverbrauch grundsätzlich reduziert werden. Durch die größtmögliche Verwendung von natürlichen Baustoffen wird weniger Bauschutt produziert, woraus sich ein positiver Effekt auf den CO2-Verbrauch ergibt. Gleichzeitig stärkt die Option des Austauschs von einzelnen Bauteilen die Langlebigkeit des Gebäudes.

STADTKLIMA UND BIOTOPVERBUND
Flora und Fauna soll im neuen, innovativem Gewerbequartier eine selbstverständliche Integration und Beachtung erhalten. Eine diverse, dreimensionale Freiraumstruktur ist nicht nur visuell attraktiv für den Menschen, sondern fördert auch das Stadtklima für eine bessere Luft und den Artenschutz zur Förderung eines Ausgewogenen Ökosystems.  Räumlich wird das Bestandsgrün als südlicher Grünkamm in das neue Quartier erweitert. Dabei beleibt auch das bestehende nord-süd Habitat erhalten. Durch eine Vielzahl an Mikro- bis Makro-Trittsteinbiotopen im Gebiet können Tiere das Gebiet durchqueren. Fassadenbegrünung bietet dabei neue Lebensräume, bessere Luft, weniger Schallemissionen und attraktive Straßenraumelemente. Solarpaneele auf Dächern werden grundsätzlich mit einer extensiven Dachbegrünung kombiniert wodurch Feinstaub gebunden wird, die Gebäude Kalte- und Wärmeschutz erhalten und wiederrum neue Lebensräume entstehen können. Neue Gehölze tragen vor allem im Bereich der Straße zu einer dreidimensionalen Trittsteinfunktion bei. Durch das Prinzip des Grünkamms und sich weiterziehenden Trittsteinen können im Quartier ganz neue Habitate für unterschiedliche Arten entstehen und sich entwickeln.

REGENWASSERMANAGEMENT
Das anfallende Regenwasser wird im neuen Quartier zwischengespeichert und weitergenutzt. Dabei wird das anfallende Dachwasser direkt in den Wasserkreislauf der Gebäude gespeist und z.B. für die Toilettenspülung oder Kühlanlagen genutzt. Die Flachdächer dienen gleichzeitig als Dachretentionsräume. Das bodennahe Regenwasser wird ebenfalls gesammelt, jedoch zunächst gefiltert, bevor es z.B. für Fassaden-, Dach- und Freiraumbewässerung dient. Es werden zwei Filterprinzipien verwendet, wobei das eine Prinzip eher für stärker versiegelte Bereiche (urbane Mitte) und das andere für wenig versiegelte Bereiche (Grünkamm) entwickelt ist. In den nördlichen Höfen sowie der westlichen Meile und Platzmitte wird das anafallende Regenwasser durch Filterrinnen in Zisternen geleitet und von dort aus wieder in den Wasserkreislauf eingespeist. Die südliche Anlieferungsstraße sowie die östliche Meile und die versiegelten Bereiche der südlichen Einzelproduktionen entwässern in die großen Retentionsmulden im Grünkamm. Dort wird das Wasser durch verschiedene Pflanzen und Substratschichten gefiltert und auch dort anschließend in eine Zisterne zur Wasserwiederverwendung geleitet. Ggf. belastetes Wasser durch die frühere Fabriknutzung dringt nicht bis ins Grundwasser vor. Bodenaushübe werden im Grünkamm weitergenutzt z.B. in Form von Erdbienenbiotopen.

PHASIERUNG
Das neue Quartier kann flexibel in Phasen entwickelt werden und auf unterschiedliche Szenarien reagieren. Zunächst wird das Initial-Cluster mit dem Quartierseingang im Westen entwickelt. Die bestehenden Hallen werden teilweise rückgebaut und um einige Neubauten ergänzt. Das Erschließungskonzept der getrennten Verkehrsführung wird angelegt und der Mobilitätshub bildet zunächst den östlichen Abschluss des Areals. Die nördlichen Zeilenbauten bilden als Gegenüber der Bestandshallen die Handwerksmeile aus und schützen diese vor Schallemissionen der Autobahn/S-Bahn. Im ersten Bauabschnitt sind Parzellen in allen Maßstäben verfügbar, die falls nötig auch geteilt werden können und so einen breiten Nutzungsmix ermöglichen. Die große Bestandshalle im Süden dient als Materiallager. In der weiteren Entwicklung können weitere Cluster hinzugefügt werden und der Erschließungsloop wird komplettiert. Das Gewerbecluster an der Bahntrasse funktioniert als Schallstopper und das kleinteiligere Wohn/Dienstleistungs-Cluster an der Meile im Osten bildet zuletzt den Übergang zur Wohnbebauung und den Anschluss an die Nachbarschaft.

MOBILITÄT
Das neue Gewerbegebiet soll keine Barriere mehr sein und Fuß- und Fahrradfahrern Vorrang gewähren. Um dies zu gewährleisten ist der schwere Verkehr gebündelt und getrennt von der fußgängergerechten Werksmeile. Die Meile verbindet den Bahnhof im Westen mit dem Ortsteil Brombach im Osten. Der bestehende Fahrradschnellweg wird erneuert. Der Lieferverkehr wird über einen Loop durch das Areal geführt, sodass keine großen Wendemöglichkeiten hergestellt werden müssen. Über mehrere Stiche gelangt der Fußgänger von der Werksmeile in den grünen Saum. Das Angebot an Fahrradabstellangeboten übersteigt das Soll in hohem Maße, um die Verkehrswende zu befördern. Bei langfristiger Unternutzung könnten die Räume im Erdgeschoss anderen Nutzungen zugutekommen. Der Mobilitätshub in zentraler Lage kann als Holzskelettbau sukzessive mit der Entwicklung des Gewerbegebiets entstehen und beherbergt sämtliche PKW-Stellplätze.